Frische Ideen angewandt

Frankfurter

Zukunfts

Kongress

05.03.2021

Nachhaltigkeit, Digitalisierung und New Work als Mittel zum Zweck

Nachbetrachtung von Prof. Dr. Frank E. P. Dievernich zum Frankfurter Zukunftskongress

Um die Zukunft erfolgreich zu gestalten, braucht es Verantwortung, Sinn, Gemeinschaft und Glück. Nachhaltigkeit, Digitalisierung und New Work als zentrale Elemente sind dabei Mittel zum Zweck.

Eine Nachbetrachtung von Prof. Dr. Frank E. P. Dievernich


Wenn Unternehmen ihre und die Zukunft der Gesellschaft erfolgreich gestalten möchten, sollten sie drei zentrale Themen im Blick haben – mehr noch, sie sollten sie gemeinsam denken und entsprechend behandeln: Klimawandel (Nachhaltigkeit), Digitalisierung und neue Formen der Arbeit (New Work).

Um das leisten zu können, so der rote Faden des ersten Frankfurter Zukunftskongresses, sollte auf unterschiedlichsten Ebenen auf Kooperationen gesetzt werden. Die Zeit des Wettbewerbs, der bedingungslosen Konkurrenz, des Einzelkämpfers, gehört zunehmend der Vergangenheit an. Nur so kann im großen Maßstab der gesamten Gesellschaft eine innovative, agile, sinnvolle sowie umwelt- und menschenfreundliche Welt entstehen. Da es nur diese eine Welt gibt, und das Wissen darum kaum mehr zu unterdrücken ist, wurde erkannt, dass wir Teil einer „biosphäralen Schicksals­gemeinschaft“ (Richard David Precht) sind. Zukunft setzt zwingend Gemeinschaft voraus, ja ist Gemeinschaft.

 

Materielle Ressourceneffizienz als Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg

Unternehmen werden erfolgreich sein, wenn sie die über Jahre getriebene Frage der Effizienz der Arbeitsressource in die Frage nach der materiellen Ressourceneffizienz umwandeln – nur dann ist Nachhaltigkeit im Sinne eines glaubhaften, klimaschonenden Agierens möglich. Entscheidender Faktor wird dabei sein, die Digitalisierung genau für solche Produktions- und Lieferprozess­kettenoptimierungen einzusetzen. Das bedingt auch, dass Unternehmen einen Schwerpunkt auf ihre Innovationsfähigkeit legen, um einen nachhaltigkeitsorientierten Materialeinsatz zu gewährleisten. Gerade diese Fähigkeit wurde in der Vergangenheit genauso wie große Teile des Lebens zu sehr der Rationalität geopfert. Dadurch blieb nur wenig Spielraum für das Kreative, das sinnstiftende Agieren, und damit zur Entfaltung der Mitarbeitenden übrig.

 

Authentizität in der Nachhaltigkeit zur Gewinnung hoch qualifizierten Personals

Die Sinnfrage, wenn man den Diskussionen des Kongresses folgt, steht vor einem großen „revival“. Besonders getrieben wird dieses Thema von der jungen Arbeitnehmergeneration, die es stark an den Aspekt der Nachhaltigkeit knüpft. Wer über hoch qualifiziertes Personal verfügen möchte, sollte sich authentisch der Nachhaltigkeit stellen – gleichzeitig liegt für Unternehmen darin auch die Chance, eine Belegschaft zu erhalten, die den erforderlichen Transformationsprozess durchführt: Der Forderung nach sinnhaftem Handeln kann über Partizipation und demokratische Entscheidungsmechanismen entsprochen werden, indem die Beteiligten selbst Lösungen für Nachhaltigkeit, Digitalisierung und neue Arbeitsformen generieren. Es geht darum, eine Paradoxie zu managen: Unternehmen, die bisher nicht für Nachhaltigkeit bekannt sind, sollten sich durch ihre Kritiker/-innen erneuern lassen. Ja, sie müssen für ihre Kritiker/-innen attraktiv werden. Arbeit im Generellen sollte derart organisiert und angeboten werden, dass es in den individuellen Lebensentwurf der Beschäftigten passt.

Eine besondere Rolle nehmen dabei Führungskräfte und Politiker/-innen ein, indem vornehmlich sie die Verantwortung für die Gestaltung dieser Rahmenbedingungen zugesprochen bekommen. Mehr noch: Sie wird eingefordert! Haltung wird zum Zukunftsthema. Dazu gehört es, auch zu sagen, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Dazu gehört es, Technologien zu entwickeln und Regeln aufzustellen, wie man z.B. im Internet und in den sozialen Medien miteinander kommuniziert. Dazu gehört es ebenso, ein positiv wie negativ sanktionierendes Regelsystem zu installieren, um nachhaltiges und eigenverantwortliches Handeln in Bezug auf den Klimawandel zu fördern. Die Zuhilfenahme von z.B. Ampellogiken unterstützt die menschliche Psyche, hier auch aktiv zu werden (Franca Parianen). Dabei sind auch Verbote kein Tabu mehr. Anreize respektive Erleichterungen aber natürlich auch nicht: Um die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zu erleichtern, gehören deren Zugangsbarrieren reduziert.

 

Ein neues Umlagesystem zur adäquateren Entlohnung

Schließlich braucht es ein neues Umlagesystem, um gesellschaftlich lebensnotwendige, aber unattraktive Berufe, wie die so oft genannten Krankenpfleger/-innen, besser und adäquater zu entlohnen. Eine funktionierende Gesellschaft kann es in Zukunft ohne die Zunahme von ausfinanzierten und (damit) funktionierenden Allgemeingütern nicht mehr geben. Damit das geschehen kann, werden Top-down-Entscheidungen der jeweiligen Führung als notwendig erachtet und akzeptiert; sie sollen den Rahmen bilden und die Kultur gestalten, um entsprechend aktiv handeln zu können und zu dürfen.

 

Es lohnt sich, auf der Suche nach frischen Ideen zu bleiben

Zu guter Letzt zeigte der erste Frankfurter Zukunftskongress, dass die Zukunft genug Raum für Sehnsüchte, Träume und Wünsche der Menschen offenbart. Schärfer formuliert: In ihnen könnte der Schlüssel für eine lebenswerte Zukunft liegen. Dafür sind verschiedene Voraussetzungen nötig: Die Organisationen unserer Gesellschaft, wie Unternehmen, Verwaltungen, aber auch die Politik und ihre Parteien, sollten den Klima- und Naturschutz, zu der auch der Schutz der physischen und psychischen Gesundheit der Menschen und damit der Mitarbeitenden gehört, bei der Reorientierung der Kapitalflüsse als einen zentralen Referenzpunkt für ihre strategische Entscheidungen setzen. Zudem sollten die genannten Organisationen die Digitalisierung zur Unterstützung des Menschen zur Transparenz von Ressourcen schonenden Prozessen einsetzen sowie zur vielfältigen und interdisziplinären Kollaboration über Organisations- und Ländergrenzen hinweg. Wenn schließlich die Arbeit als Spielfeld zur selbstorganisierten, verantwortungsbewussten und damit sinnhaften Gestaltungszone wird, dürfte es nicht mehr weit sein, bis eine Zukunft entsteht, die mehr Menschen glücklich macht, als dies heute der Fall ist.

Um das zu erreichen, dürfte es sich auch in Zukunft lohnen, weiter auf der Suche nach frischen Ideen zu bleiben. Dies sollte jedoch in Räumen gemeinschaftlichen Denkens erfolgen, damit sich möglichst viele Menschen als aktiven Teil ihrer Zukunft betrachten können. Der Frankfurter Zukunftskongress versteht sich gleichsam als ein solcher Raum wie auch als Einladung, diesem beizutreten.   

 

Prof. Dr. Frank E. P. Dievernich ist Präsident der Frankfurt University of Applied Sciences. Die Forschungsinteressen des Betriebswirts und Soziologen liegen in den Themen Change- und Human Resources-Management, Beratung/Coaching sowie Digitalisierung und Gesellschaft.

 

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